Kennen Sie die amerikanische TV-Serie: „Mein Leben mit 300 kg“? Dort werden übergewichtige Patienten über ein Jahr mit der Kamera begleitet. Sie wurden in das Abnehmprogramm von Dr. Nowzaradon aufgenommen. Für viele Patienten geht es sprichwörtlich um Leben und Tod, denn ihr Körper wird durch das hohe Gewicht und die ungesunde Ernährung langsam zerstört. Ihre Lebenserwartung hängt entscheidend davon ab, dass sie ihr Gewicht reduzieren. Und so kommen sie regelmäßig zum Wiegen in die Klinik. Angespannt warten sie auf das Ergebnis und mit gehörigem Respekt auf die Reaktion des Arztes. Viele Patienten benehmen sich wie (unartige) Kinder und fragen sich: Habe ich ihn enttäuscht, weil ich die geforderten Kilos nicht abgenommen habe? Wird er mit mir schimpfen? Oder: Wird er mit mir zufrieden sein und mich loben, weil ich die Vorgabe erfüllt habe?
Die Patienten sprechen vor der Kamera selten den vollen Namen ihres Arztes aus. Meist kürzen sie ihn mit Dr. No ab. „No“ – das heißt nein oder nicht. Es klingt nach Verbot und Einschränkung. Man hört es recht deutlich, da die englischsprachige Tonspur im Hintergrund mitläuft.
Leider ist die deutsche Übersetzung so standardisiert, dass sie die Feinheiten nicht beachtet. Kürzlich sagte eine Patientin statt Dr. No nämlich Dr. Now und „now“ bedeutet auf Deutsch jetzt oder sofort. Sie drückte damit aus, dass sie verstanden hat, dass es nicht darum geht, was der Arzt verbietet oder anordnet, sondern dass sie es jetzt in der Hand hat: Entweder sie stopft sich weiter voll mit Dingen, die ihren Hunger nach Leben nicht stillen und isst sich zu Tode oder sie ergreift die Initiative, ändert ihre Gewohnheiten und ihr (Ess-)Verhalten, kommt in Bewegung und öffnet sich für die ärztlichen, physio- und psychotherapeutischen Hilfen.
Die Alternativen sind eindeutig: es geht um Leben und Tod! Und die Konsequenz ist klar: Sie muss Verantwortung für sich und ihr Leben übernehmen, anderenfalls kann ihr niemand helfen.
Für mich ist die Fastenzeit eine gute Gelegenheit, über meine Verantwortung für mein Leben nachzudenken. Wo gibt es in meinem Leben Beschwernisse, Ersatzhandlungen und Abhängigkeiten?
Womit stopfe ich mich voll, in der Hoffnung auf ein gutes Leben? Womit betäube ich meine Sehnsucht? Was gilt es loszulassen? Wofür soll ich mich öffnen? Was sollte ich ändern? Und: Was ist der Maßstab für ein glückliches Leben?
Im 5. Buch Mose, dem Deuteronomium finde ich am Ende des 30. Kapitels darauf eine Antwort: „Hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor. Wenn du auf die Gebote des Herrn, auf die ich dich heute verpflichte, hörst, indem du den Herrn, deinen Gott, liebst, auf seinen Wegen gehst und auf seine Gebote, Gesetze und Rechtsvorschriften achtest, dann wirst du leben… Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch.
Wähle also das Leben, damit du lebst…“
Petra Collinet, Gemeindereferentin
Foto: Kerrin Gabriel in Pfarrbriefservice.de