An(ge)dacht – Gesät in Gottes Acker – Gedanken zwischen Erntedank und Totengedenken

In dem Moment, in dem ich dieses Grußwort schreibe, hängt unser Birnbaum voller Früchte. Eine reiche Ernte ist abzusehen. Bis Mitte Oktober werden sie alle reif sein. Und weil der Baum zu hoch ist um sie zu pflücken, werden wir warten müssen, bis die letzten Birnen herabgefallen sind. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als wir das Haus aus den 60er Jahren gekauft haben. In den ersten Jahren gab es 2 Birnbäume. Einen mit zuckersüßen Früchten, die im Spätsommer voll reif waren und ganz schnell verzehrt oder verschenkt wurden, damit sie nicht verdarben. Leider musste der Baum nach einem schweren Unwetter gefällt werden. Und dann war da noch dieser Baum, dessen Früchte nie wirklich reif wurden. Sie blieben lange hängen, waren hart und ich kochte sie auf Vorrat für den Winter ein. Im Laufe der Jahre aber, vielleicht durch die wärmeren Sommer, kamen auch sie früher zur Reife und heute schmecken sie köstlich. Und für die Birnenschwemme dieses Jahres werde ich in der Nachbarschaft hoffentlich wieder dankbare Abnehmer finden. Ich freue mich jedenfalls über die reiche Ernte und werde am Erntedankfest allen Grund haben, Gott zu danken. Natürlich nicht nur für meine Birnen, sondern für alle Früchte der Erde, für das Brot und all den Überfluss an Lebensmitteln, der mir geschenkt ist.

Und wenn ich auf das schaue, was mir die Jahre meines Lebens gebracht haben, dann ist der Birnbaum ein treffendes Bild für das, was ich dabei entdecke und empfinde. Je nachdem, wie das Klima meiner Lebensumstände ist, kann ich reifen und Eigenschaften entwickeln, die mir und anderen gut „schmecken“. Manches habe ich „auf Vorrat“ gelernt, anderes genieße ich sofort. Auf manches muss ich warten bis es mir zufällt, nach anderem darf ich mich ausstrecken. Und auf Jahre voller Kraft und Fruchtbarkeit folgen Zeiten der Ruhe, z. B. der Winter oder Jahre mit wenig Ertrag. Es kann passieren, dass eine am Boden vergessene und vergangene Frucht eines Tages ausschlägt und einen jungen Baum hervorbringt.

Auch das vergangene Jahr hat reiche Ernte gebracht – allerdings ganz besonders und anders als geplant. So hat zum Beispiel „Corona“ das Klima im wörtlichen und übertragenen Sinne verändert. Die verordnete Ruhezeit, hat der Natur gutgetan. An manchen Orten der Welt haben die Menschen zum ersten Mal seit Jahren wieder den blauen Himmel gesehen. Das tut auch den Menschen gut! Viele sind in der Zeit des Lock down in ihrem hektischen Trubel ausgebremst worden und nicht wenige dadurch zur Besinnung gekommen. Wie sich das langfristig auswirkt, ist noch unklar.

Für einige von uns ist es auf eine andere Art still geworden. Wer in den letzten Monaten einen geliebten Menschen verloren hat, ist in der kommenden dunklen Jahreszeit besonders herausgefordert, sein Leben zu betrachten, neu zu ordnen und sich an die veränderte Situation zu gewöhnen. Gesegnet sind die, die Trost finden können im Glauben. Wenn sie zum Friedhof gehen– zum „Gottesacker“, wie es ein altes Wort sagt, wissen sie ihre Angehörigen wie Saatgut in Gottes Acker gelegt. Gott selbst wird sich um sie kümmern wie ein Gärtner oder Bauer. Die Verstorbenen aber wachsen hinein in ein erfülltes und volles Leben in Gottes Herrlichkeit.

Ich wünsche Ihnen ein frohes Erntedankfest und die Hoffnung auf eine große Wiedersehensfeier bei Gott

Ihre Gem.Ref. Petra Collinet

Bild: Anton Eilmannsberger In: Pfarrbriefservice.de